Schwimmen und Rudern sind im halleschen Sportkanon feste Größen. Nicht erst seit und nicht nur durch Julia Lier und Paul Biedermann ist bekannt, dass die halleschen Bundesstützpunkte nationale Leuchttürme sind und dem internationalen Vergleich standhalten können. Umso überraschender kam die Meldung, dass gerade diese beiden Bundesstützpunkte schon bald geschlossen werden sollen. Eine Schließung wäre nicht mehr und nicht weniger als die Marginalisierung des Spitzensports in Halle. Von ehemals fünf vom Bund geförderten Standorten blieben dann nur noch zwei übrig.
Die Grundlage für diese mögliche Katastrophe für den hiesigen Sport bildet die geplante Reform der Spitzensportförderung durch den Deutschen Olympischen Sportbund und das Bundesinnenministerium. Kern der Reform sind Standortkonzentrationen und Mittelkürzungen für alle Disziplinen ohne absehbare Medaillenchancen. Wie abwegig die Pläne sind, wird bei näherer Betrachtung dieser beiden Kernziele auf die hallesche Sportlandschaft klar. Eine Abwicklung des Bundesstützpunktes Schwimmen hieße für Halle, dass auch der Sinn und Zweck der hochmodernen Robert-Koch-Schwimmhalle entfiele. Mehrere Millionen Euro Steuergelder, mit denen noch vor wenigen Jahren der Grundstein für den Schwimmsport gelegt wurde, wären wortwörtlich versenkt worden. Auch die geplante Investition in ein neues Bootshaus am Ruderkanal wäre sinnfrei. Schon die Fokussierung auf künftige Medaillenchancen, die auf den ersten Blick noch nachvollziehbar scheint, ist bei genauerem Hinsehen höchst fraglich. Die halleschen Nachwuchsschwimmerinnen und -schwimmer haben bei den Jahrgangsmeisterschaften 2016 ihre Spitzenposition im nationalen Vergleich eindrucksvoll untermauert. Doch das allein reicht nun scheinbar nicht mehr. Wer weiter gefördert werden möchte, muss schon heute sagen, wer in acht Jahren Chancen auf olympische Medaillen hat. Wir verstehen Sport als eine umfassende gesellschaftliche Aufgabe. Die seit Jahren andauernde Unterfinanzierung mit Standortschließungen zu kompensieren, sehen wir als den falschen Weg. Verliert der Leistungssport seine Breite, schwindet auch sein Identifikationspotential.
Das Engagement der Stadt Halle für die Bereitstellung einer breiten kommunalen Sportlandschaft wird mit Füßen getreten. Bei aller Förderung vom Bund für Investitionen in die Olympiastützpunkte sind es letztlich die Kommunen, die die Infrastruktur unterhalten. Nur dadurch konnten unsere halleschen Olympioniken, wie zuletzt Julia Lier, heranreifen.
Veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Halle (Saale) vom 26.10.2016, Ausgabe 18.