Ein Thema hat in den vergangenen Wochen die hallesche Stadtpolitik bewegt: der Bau einer Aula für die 2. Integrierte Gesamtschule (IGS) am zukünftigen Standort Ingolstädter Straße (derzeit in der Rigaer Straße ansässig). Der Stadtrat hat in den vergangenen mehrere Beschlüsse für den Bau gefasst – teilweise mit der Stimme des Oberbürgermeisters. Am 07.03.2017 hat er dem letzten Stadtratsbeschluss vom 22.02.2017 widersprochen. Damit droht eine Hängepartie und der Ausgang ist offen. Doch worum geht es in der Debatte zwischen Stadtrat und Oberbürgermeister überhaupt?
Haushalt 2017 sieht Aula-Bau vor
Alles begann mit der Kontaktaufnahme der Schule mit StadträtInnen Ende 2016. So war unser Stadtrat Kay Senius im November 2016 vor Ort und ist mit VertreterInnen der Schule ins Gespräch gekommen. Zeitgleich fanden auch Gespräche mit anderen Fraktionen und mit dem Oberbürgermeister statt. Aus dem Austausch entwickelte sich eine Initiative von allen Fraktionen im Stadtrat, die in einen Änderungsantrag zum Haushalt 2017 mündete. Schließlich wurde am 14.12.2016 der Haushalt für das folgende Jahr mit großer Mehrheit – und mit der Stimme des Oberbürgermeisters – verabschiedet. Bestandteil des Beschlusses war auch ein Änderungsantrag, den der Oberbürgermeister übernahm und in dem vorgesehen war, für 2017 100.000 € an Planungsleistungen für einen Aula-Bau an der 2. IGS bereitzustellen. Die Aufwendungen sollen aus Verkäufen von Grundstücken gedeckt werden. Für das Haushaltsjahr 2018 sollen demnach 800.000 € für den Bau in den Haushalt eingestellt werden. Gerade weil die Planungen zur Sanierung des gesamten Schulgebäudes noch nicht abgeschlossen sind, hat es gerade jetzt Sinn, die Planungen für die Aula in die Überlegungen einzubeziehen. Gegebenenfalls ergibt sich daraus eine Verschiebung um wenige Monate. Diese erscheint aber auch für die 2. IGS, die in den nächsten Schuljahren auf bis zu 1.000 SchülerInnen anwachsen wird, als vertretbar, solange die baulichen Voraussetzungen geschaffen sind, damit die Schule langfristig arbeiten kann. So weit, so demokratisch.
Oberbürgermeister stellt eigenen Beschluss in Frage
Doch im Januar ließen zwei Äußerungen des Oberbürgermeisters aufhorchen. Hierzu sagte unser Vorsitzender Johannes Krause in der vergangenen Sitzung des Stadtrates (22.02.2017): „Der Oberbürgermeister hat im Kinderparlament zum Tag der Offenen Tür (Anm.: am 08.01.2017) und im Stadtrat (Anm.: am 25.01.2017) erkennen lassen, dass er den von ihm mitgetragenen Haushaltskompromiss nicht umsetzen wird – zumindest den Passus, der die 2. IGS betrifft. Die SPD-Fraktion ist sehr verwundert, wie die Stadtverwaltung mit Stadtratsbeschlüssen umgeht.“ Deshalb formulierten die Fraktionen SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/FDP für den Stadtrat am 22.02.2017 einen erneuten Antrag, der wie folgte lautete: „Der Stadtrat beschließt, dass im Rahmen der vorgesehenen Sanierung des künftigen Schulstandortes der 2. IGS in der Ingolstädter Straße 33 ein neuer Anbau einer Aula mit Mehrzwecknutzung zu berücksichtigen ist. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, das Projekt Aula-Anbau in die laufenden Planungen zu integrieren.“ Für sich genommen war das ein sehr ungewöhnliches und fast einmaliges Vorgehen. Doch die starre Haltung des Oberbürgermeisters machte dies notwendig. Und so beschloss der Stadtrat mit sehr großer Mehrheit erneut den Aula-Bau in der Ingolstädter Straße. Zum „Possenspiel“ – wie es ein Leserbrief in der Mitteldeutschen Zeitung tat – wird das Ganze, weil Dr. Wiegand nicht im Interesse der Schule und damit der SchülerInnen, Lehrer und Eltern handelt. Das hat die Diskussion im Stadtrat (22.02.2017) gezeigt, als der Oberbürgermeister nacheinander mehrere Beweggründe aufführte, warum der Beschluss des Stadtrates rechtswidrig sei. Es war die Rede von der fehlenden Wirtschaftlichkeit; von einer zuvor notwendigen Abfrage an allen halleschen Schulen mit dem Typ „Erfurt“, ob eine Aula notwendig sei; und zuletzt wurde damit argumentiert, dass die angestrebten Grundstücksverkäufe noch nicht realisiert seien und damit kein Geld für die Planungen bereit stehe.
Schulkonzept eine Formalie
Aber auch das vermeintlich fehlende Schulkonzept wurde vom Oberbürgermeister ins Feld geführt. Bis zur erneuten Entscheidung im Stadtrat wird die Schule ihr Konzept – das auch ausführen wird, wofür man die Aula benötigt – von der eigenen Gesamtkonferenz bestätigen lassen. Der in der Diskussion im Stadtrat geäußerte Vorwurf des Oberbürgermeisters, die Schule habe insgesamt kein Konzept bzw. insbesondere für die Aula, ist schlichtweg falsch. Ohne ein Schulkonzept dürfte die Schule gar nicht in Betrieb sein. Richtig ist, dass die Schule kein die Aula integrierendes Konzept hat, das von der Gesamtkonferenz bestätigt wurde. Dies ist allerdings eher eine Formalie, da die Gesamtkonferenz aller Voraussicht nach am 15.03.2017 zustimmen wird. Und auch konkrete Überlegungen, wofür die Aula für die Schule aber auch für das gesamte Quartier gut sein könnte, liegen der Stadtverwaltung seit Monaten vor.
Verwaltung setzt auf Verzögerung
Mittlerweile hat der Oberbürgermeister Widerspruch gegen den Stadtratsbeschluss vom 22.02.2017 eingelegt – die Begründung scheint so simpel wie unverständlich: Dr. Wiegand gefällt der Beschluss einfach nicht. Nicht zum ersten Mal meidet er die inhaltliche Auseinandersetzung und geht den Weg durch die rechtlichen Instanzen. „Außerdem ist es beschämend für ein Stadtoberhaupt, wenn er unsere Schulen gegeneinander ausspielt. Herr Dr. Wiegand erweckt den Eindruck als sei die Aula ein Luxuswunsch der Schulleitung, schließlich sollen laut Verwaltung ‚in den künftigen Schulstandort der 2. IGS (…) 6 Millionen Euro fließen‘ (Anm.: aus Pressemitteilung Stadt Halle vom 24.02.2017). Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wir haben uns mehrheitlich für eine neue IGS im Süden der Stadt ausgesprochen, weil der Stadtrat den sozial- und bildungspolitischen Bedarf sah. Dazu stehen wir. Nun ist der nachvollziehbare Wunsch laut geworden, dass für die zukünftige Ausrichtung der Schule eine Aula notwendig ist – auch hierzu stehen wir“, so Johannes Krause zum aktuellen Stand.
Allen Beteiligten droht nun eine Hängepartie und der Ausgang ist offen. Abschließend erklärte Kay Senius, Stadtrat der SPD-Fraktion im Bildungsausschuss: „Vielleicht hilft es ja, wenn Dr. Wiegand zwischenzeitlich einfach mal die Schule aufsucht und sich vor Ort ein Bild macht. Dann würde er vielleicht erkennen, dass der Aula-Wunsch kein exotischer ist, sondern moderne Schulpolitik bedeutet, Räume der Begegnung zu schaffen. Solch ein Ort soll die noch zu bauende Aula an der 2. IGS werden. Wir müssen jetzt aktiv werden, damit die Planungen in einem Guss erfolgen. Die Planungen jetzt zu verschleppen, wie es die Stadtverwaltung gerade macht, bedeutet, dass wir erst dann aktiv werden, wenn die Schule stark aufgewachsen ist und wir den Problemen wieder einmal hinterherlaufen.“
Weitere Informationen zur 2. Integrierten Gesamtschule finden Sie hier.