Ob bei der Anmietung einer neuen Wohnung oder wenn eine Mieterhöhung ins Haus flattert: Viele fragen sich, ob die Miethöhe rechtens und ob sie für die jeweilige Wohngegend überhaupt angemessen ist. Mit Blick auf die „Angemessenheit“ oder auch die „Vergleichbarkeit“ gibt es in Halle allerdings ein Problem.
Für Halle fehlt MieterInnen und VermieterInnen die dafür nötige Referenz – in diesem Falle ein qualifizierter Mietspiegel. Dieser stellt die ortsübliche Vergleichsmiete als anerkannte Bezugsgröße zur Verfügung. Der qualifizierte Mietspiegel wird auf der Basis wissenschaftlicher Kriterien erarbeitet und bildet die aktuelle Marktlage transparent ab, zeigt die Entwicklungen von Nachfrage und Angebot auf und berücksichtigt dabei Kriterien wie Ausstattung, Qualität und Lage. Auf dieser Basis können alle Beteiligten die Angemessenheit der Miethöhe in den einzelnen Stadtteilen beurteilen.
Aber auch für Politik und Verwaltung ist ein qualifizierter Mietspiegel ein wichtiges Instrument. Er ermöglicht, Rückschlusse zu ziehen, inwiefern die Höhe der Kosten der Unterkunft angemessen ist. Bei einer Schieflage kann die Kommunalpolitik nachsteuern, indem sie die Höhe der geleisteten Kosten der Unterkunft anpasst und so die soziale Segregation in der Stadt vermindert. Denn auch BezieherInnen von Sozialleistungen könnten dann trotzdem in teureren Stadtvierteln wohnen bleiben. Die Entwicklungen am Wohnungsmarkt müssen per qualifiziertem Mietspiegel konsequent beobachtet werden, denn Politik und Verwaltung brauchen ein funktionierendes Frühwarnsystem.
Letztmalig wurde im Jahr 2010 ein Mietspiegel für Halle erstellt. Seit dem 1. Juni 2014 ist dieser nicht mehr gültig. Seit Jahren tappen wir im Dunkeln, wie sich die Mieten in unseren Stadtteilen tatsächlich erhöht haben. Angesicht der Dynamik, mit der sich der Wohnungsmarkt in den letzten Jahren auch bei uns entwickelt hat, besteht also Handlungsbedarf.
Erneut hat der Stadtrat die Verwaltung mit dem Beschluss des Wohnungspolitischen Konzeptes im Jahr 2018 beauftragt, einen qualifizierten Mietspiegel zu erstellen. Seitdem ist nichts passiert. Das Thema ist aber viel zu wichtig, als dass wir es weiter auf die lange Bank schieben dürfen. Erst 2018 wurde in einer wissenschaftlichen Studie nachgewiesen, dass die soziale Segregation in Ostdeutschland und besonders in Halle sehr stark gestiegen ist. Wir brauchen also endlich Fakten und Transparenz. Unser Antrag zum Stadtrat im Mai fordert die Verwaltung deshalb erneut auf, endlich zu handeln.