Zentrale Lage, ausgezeichnete Verkehrsanbindung und dennoch verwaist: Der Riebeckplatz gibt seit Jahren ein seltsames Bild ab. Das östliche Tor zur Innenstadt bietet ein riesiges, aber kaum genutztes Potenzial. In spätestens zwei Jahren liegt die – ökonomisch gesehen – prominenteste Brachfläche der Stadt fünf Gehminuten von einem der modernsten Eisenbahnknotenpunkte des Landes entfernt. Schon jetzt passiert der Fernverkehr aus München, Frankfurt und Berlin die Stadt in hoher Frequenz. Ein perfekter Standort in Zeiten einer mobilen und zunehmend lokal entgrenzten Wirtschaft.
Der kürzlich beschlossene Bebauungsplan 159 könnte endlich der Startschuss für eine Entwicklung dieser völlig unter Wert genutzten Premiumfläche sein. Hinter der kryptischen Nummerierung verbirgt sich die Möglichkeit, am Riebeckplatz ein neues Bürogebäude zu errichten. Der Neubau könnte zwei Fliegen mit einer Klappe schla-gen:
Zum einen bietet sich die Chance, den oberen Boulevard wiederzubeleben, zum anderen könnte an zentraler Stelle ein neuer Wirtschaftsstandort mit hochwertigen Arbeitsplätzen entstehen.
Die Interessenten stehen indes schon bereit. In der vergangenen Woche erklärten Vertreter der halleschen Digitalwirtschaft, die neuen Planungen am Riebeckplatz böten die Möglichkeit, einen überregionalen Dienstleistungsstandort für die innovative Branche zu etablieren. Sie betonten dabei insbesondere die hervorragende Anbindung an den Schienenverkehr. Dadurch würde Halle an Boden gegenüber seinen Konkurrenten gewinnen. Während es in Leipzig bereits sieben sogenannte Coworking-Spaces gibt, verfügt Halle gerade über einen Standort am Waisenhausring.
Gegenwärtig verlassen uns reihenweise hochqualifizierte Absolventen aus den Bereichen Medienwissenschaft, Design und Informatik in Richtung Berlin oder Leipzig. Gute Rahmenbedingungen wie die Unterstützung von Gründern durch das Mitteldeutsche Multimediazentrum oder die Nähe zu den Universitäten und Fachhochschulen in der Region werden durch ein unzureichendes Standortmanagement konterkariert. Auf diese Weise gehen unserer Stadt wichtige Impulsgeber verloren.
Die Entwicklung des Riebeckplatzes kann deshalb nur ein erster Schritt zur besseren Förderung der Digitalwirtschaft in Halle sein. Die SPD-Fraktion fordert im Rahmen der Erstellung des Wirtschaftskonzeptes die mittelfristige Bildung eines „Clusters Kreativwirtschaft“. Für dessen Umsetzung ist es von zentraler Bedeutung, dass Gründer und bestehende Unternehmen mit Expansionswunsch gleichermaßen, schnell und unbürokratisch Flächen auf dem neuesten technischen Standard anmieten können.
Wenn der Multimedia-Standort Halle zukunftsfähig sein soll, müssen wir die Entwicklung nicht nur mitgehen, sondern alle Anstrengungen unternehmen, um unseren Mitbewerbern voraus zu sein. Dafür bedarf es aus unserer Sicht nicht zuletzt einer stärkeren Einbeziehung von Vertretern der Branche.